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Anhang II Genetisches Monitoring

Anhang 2- Methodik

2.1 Auswahl geeigneter Baumarten

Hinsichtlich ihrer Eignung für das genetische Monitoring sind die einzubeziehenden Baumarten nach "Nutzwert", "Existenzwert" und "Indikatorwert" zu bewerten. Auf der Grundlage der bisher in den Bundesländern erfolgten genetischen Bearbeitung von 20 Waldbaumarten sind für diese neun Kriterien zur Bewertung für eine Eignung im Folgenden zusammengestellt.

2.1.1 Kriterien mit Bewertungsskala:

    1. Gefährdung: 1 = keine, 2 = mittlere, 3 =große
    2. Seltenheit: 1 = keine, 2 = mittlere, 3 = große
    3. wirtschaftliche Bedeutung: 1 = geringe, 2 = mittlere, 3 = große
    4. Art der Bestäubung: W = Wind, I = Insekten
    5. Entfernung der Samenverbreitung: w = weit, n = nah
    6. Verfügbarkeit von Primärdaten aus anderen Monitoring-Programmen bzw.der Naturwaldforschung:
        1 = geringe, 2 = mittlere, 3 = große
    7. Verfügbarkeit von Methoden zum Nachweis genetischer Marker:
        1 = keine, 2 = begrenzt, 3 = unproblematisch
    8. Flächenrepräsentanz der Baumart in Deutschland: 1 = geringe, 2 = mittlere, 3 = große
    9. Anteil am Bestand: H = Hauptbaumart, M = Mischbaumart

Der auf dieser Grundlage berechnete mittlere Wert ergibt die in der Tabelle 2.1 "Auswahl geeigneter Baumarten bzw. Baumgattungen" als Übersicht zusammengefasste Rangfolge nach Prioritäten (1 = hoch, 2 = mittel, 3 = gering). Eine separate Bewertung für Laubbaumarten, Nadelbaumarten, insektenbestäubte Baumarten und Reliktbaumarten ist vorgegeben.

2.1.2 Ergebnis des Bewertungsverfahrens und Empfehlung der Berücksichtigung folgender Baumarten:

Schwerpunktsetzung

  •   für zwei Laubbaumarten: Rotbuche, Eiche
  •   für zwei Nadelbaumarten: Weißtanne, Gemeine Fichte
  •   für zwei insektenbestäubte Baumarten: Winterlinde, Vogelkirsche
  •   für Reliktbaumarten: Schwarzpappel, Ulme

2.2 Auswahl und Einrichtung der Monitoringflächen

Sowohl von bewirtschafteten als auch von unbewirtschafteten Waldökosystemen wird eine nach statistischen Kriterien hinreichende und baumartenbezogene Anzahl von Populationen ausgewählt, die verschiedenen ökologischen Grundeinheiten innerhalb der Bundesrepublik Deutschland angehören. Innerhalb dieser Populationen werden genetische Monitoringflächen festgelegt, die baumarten-spezifische Individuenzahlen / Mindestgrößen umfassen (Individuenzahl des Altbestandes legt Flächengröße fest).

Die Flächen müssen im reproduktionsfähigen Alter sein und sollten zumindest teilweise Naturverjüngung aufweisen.

Als Monitoringflächen sollten vorrangig Flächen ausgewählt werden, für die bereits eine hohe Datendichte und eine genaue Flächendokumentation vorliegt wie z.B. genetische Versuchsflächen, Naturwaldreservate, waldwachstumskundliche Dauerbeobachtungsflächen. Für die ausgewählten genetischen Monitoringflächen müssen die folgenden Flächenparameter, Kollektivparameter und Baumparameter dokumentiert werden:

2.2.1 Flächenparameter:

  •   Monitoringbaumart
  •   Ökologische Grundeinheit
  •   natürliche Waldgesellschaft pnV
  •   Flächenkurzbeschreibung, z.B. Wirtschaftswald, Naturwald, Dauerbeobachtungsflächen
  •   bei Wirtschaftwald: Planungsziele
  •   bei Naturwald: Wann aus der Nutzung genommen?
  •   Koordinaten der Fläche (Gauß-Krüger-Koordinaten des Flächenmittelpunkts)
  •   Forstort (z.B. Forstamt, Forstrevier, Forstdistrikt, Abteilung, Unterabteilung)
  •   Flächengröße
  •   Meereshöhe
  •   Besitzart

2.2.2 Kollektivparameter:

  •   Art (z.B. Altbestand, Naturverjüngung, Samen)
  •   Aufnahmejahr
  •   Alter
  •   Baumzahl
  •   horizontale Struktur
  •   vertikale Struktur
  •   Isolierung und Fragmentierung
  •   Behandlungsvariante
  •   Bestandsvariante
  •   z.B. Pflanzung, Naturverjüngung, Ursprung des Vermehrungsguts

2.2.3 Baumparameter

  • Baumnummer
  •  Baumkoordinaten (x/y)
  •  BHD > 7 cm
  •  Höhe
  •  auf ausgewählten Flächen:
      - Kronenlänge und -durchmesser
      - Qualitätsmerkmale (Zwiesel, Geradschaftigkeit, Wasserreiser)

Soweit verfügbar, sollten flächennahe Umweltdaten (z.B. Witterung, Luftbelastung, Schad-stoffeinträge, Bodenvegetation) dokumentiert werden.

2.3 Inventur zu Parametern des genetischen Systems

Zur Charakterisierung des genetischen Systems werden phänotypische und genetische Merkmale herangezogen (vgl. hierzu Tabelle 2.2 "Parameter nach Indikatoren und Verifikatoren"). Eine Übersicht über die Bewertung dieser Parameter ist in der Tabelle 2.3 "Bewertung der Parameter nach Priorität und Kosten" zusammengestellt.

2.3.1 Datenerhebung für phänotypische Merkmale

An ausgewählten Bäumen der genetischen Monitoringflächen werden in regelmäßigen Zeitabständen Bonituren zum Blühverhalten und zur Fruktifikation erhoben. Am Saatgut werden Qualitätsmerkmale wie Hohlkornanteile und Keimprozent bestimmt.

2.3.2 Datenerhebung für genetische Merkmale

Auf den Monitoringflächen erfolgt eine Aufnahme der Genotypen der ausgewählten potenziell reproduzierenden Einzelbäume an bestimmten Genorten mit Hilfe von Genmarkern. Innerhalb der Naturverjüngung wird in Abhängigkeit von der Altersstruktur eine Stichprobe genetisch inventarisiert.
In einem Teil der Bestände wird auch die Samengeneration unterschiedlicher Samenjahre bei einer Stichprobennahme untersucht.

Die Auswahl der verwendeten Marker wird baumartenspezifisch festgelegt. Für die Isoenzym-Genmarker kann dies durch die ad-hoc-Expertengruppe "Biochemisch-genetische Analysen" erfolgen. Für die Verwendung von DNA-Markern werden zu einem späteren Zeitpunkt Festlegungen getroffen. Auch bei DNA-Markern ist die Verwendung identischer Markersysteme zwingend erforderlich.

Arbeitsanleitungen zur Erhebung der Daten für die Verifikatoren gemäß Tabelle 1.2 "Stichwörter zu den Verifikatoren der Indikatoren genetischer Prozesse" im Anhang 1 sind noch zu formulieren.

Tabelle 2.2 Parameter nach Indikatoren und Verifikatoren

IndikatorVerifikator               Kurz-
bezeichnung
Parameter                                                             




Level
genetischer
Variation


Genetische Diversität,
Prozent polymorpher Loci
A1Isoenzyme und/oder DNA-Marker für eine definierte Anzahl von Genorten für jeden Baum
Effektive Anzahl an AllelenA2siehe A1
Genetische Variation adaptiv bedeutsamer MerkmaleA3phänologische Parameter (Austriebsbeginn und Austriebsabschluss)
Frostresistenz (Variation im Phenolstoffwechsel)
Befallsintensität gegenüber biotischen Schaderregern
Kronenform
FixierungsindicesA4siehe A1
Anzahl potenzieller ElternbäumeA5Baumhöhe in Abhängigkeit von Bestandesstruktur
Baumabstände (Koordinaten)
Blühintensität
Bestandesalter
strukturelle Isolation


gerichtete
Änderungen
der Gen- und
Genotyp
frequenzenz

Unterschiede der Genotypfrequenzen verschiedener KohortenB1siehe A1
Baumalter
Unterschiede in Phänotypfrequenzen verschiedener KohortenB2Wuchsformen
 siehe A3
Unterschiede in der Altersklassen-VerteilungB3siehe A1,
Häufigkeiten nach Altersklassenverteilung




Paarungssystem



SelbstbefruchtungsrateC1siehe A1
SexualsystemC2Männliche und weibliche Blühintensität
Pollenausschüttung / Pollenfallen
Inkompatibilität
Abundanz der BestäuberC3Daten zu Insektenhäufigkeiten
Pool der potenziellen ElternC4siehe A5
Hohlkornanteil und KeimprozentC5Keimprozent
Hohlkornanteil
Tausendkommasse






Migration

Ausmaß der genetischen Differenzierung zwischen PopulationenD1siehe A1, auch bei Naturverjüngung
(Eintrag und Austrag)
PollenverbreitungD2Modelle bei Kenntnis der Hauptwindrichtung nicht im genetischen Monitoring aufnehmbar
genetische Marker von Pollen- und Sameneltern
SamenverbreitungD3genetische Marker von Pollen- und Sameneltern
Isolierung durch BarrierenD4siehe Bestandsbeschreibung
räumliche Aggregation unterschiedlicher PaarungstypenD5siehe A1; Baumkoordinaten
(siehe Bestandesbeschreibung)

Tabelle 2.3 Bewertung der Parameter nach Priorität und Kosten

Nr.Parameter                           
                                      
PrioritätKosten/Jahr
1Isoenzyme für definierte Anzahl von Genorten für jeden Baum12
2phänologische Parameter (Austriebsbeginn und Austriebsdauer)11
3Vitalität (WSE)11
4Befallsintensität gegenüber biotischen Schaderregern23
5Kronenform  (in Abhängigkeit von der Baumart)21
6Baumhöhe in Abhängigkeit von Bestandesstruktur*22
7soziologische Stellung des Einzelbaumes11
8Baumbestände (Koordinaten)13
9Blühintensität12
10Bestandsalter/Baumalter10
11strukturelle Isolation des Einzelbaumes11
12Wuchsformen11
13Männliche und weibliche Blühintensität23
14Pollenausschützung/Pollenfallen33
15Inkompatibilität33
16Daten zu Insektenhäufigkeit (abhängig von der Baumart)2?
17Keimprozent12
18Hohlkornanteil12
19Tausendkornmasse12
20Isoenzyme bei Naturverjüngung (Eintrag und Austrag)12-3
21Molekulare Marker13

2.4 Datenmanagement

Für die Dokumentation, Verwaltung und Pflege der Daten ist ein einheitliches Datensystem zwingend erforderlich (z.B. GENDIS).

2.5 Auswertung und Modellierung

Die Datenanalyse und -auswertung erfolgt mit bewährten Auswerteroutineprogrammen wie z.B. GSED, PopGene und MacGen. Für die Modellierung steht das populationsgenetische Computersimulationsprogramm ECO-GENE zur Verfügung. Die Einbindung von bestehenden waldwachstumskundlichen Modellen und praxisnahen Bewirtschaftungs-konzepten bei der populationsgenetischen Modellierung ist anzustreben.
 

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