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Vorteilsausgleich bei Nutzung von DSI Digitale Sequenzinformationen

Der UN-Biodiversitätsgipfel 2024 beschloss Eckpunkte zum Vorteilsausgleich bei Nutzung von Sequenzinformationen über genetische Ressourcen. Wer damit Geld verdient, soll in einen Fonds einzahlen, der dem Biodiversitätsschutz im Globalen Süden zugutekommen soll.

Aktueller DSI-Beschluss der COP 16 in Cali, Kolumbien

DNA (Quelle: Gettyimages/enot-poloskun)

Seit Jahren sind die in öffentlichen Datenbanken verfügbaren Daten über das Erbgut von Organismen ein Streitpunkt bei internationalen Verhandlungen zum Zugang und Vorteilsausgleich bei genetischen Ressourcen. Staaten, die den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen regulieren, befürchteten, dass ihre nationalen Regelungen zum Vorteilsausgleich bei genetischen Ressourcen durch freie Nutzung der veröffentlichten Sequenzdaten unterlaufen werden. 

Dass es einen mulitlateralen Benefit-Sharing-Mechnismus (MLM) für DSI geben soll, war bereits iEnde 2022 von der UN-Biodiversitätskonferenz beschlossen worden. Wie dieser aussehen soll, stand auf der Konferenz in Cali, Kolumbien, zur Debatte, die bis zum 2. November 2024 tagte. Nach zwei intensiven Verhandlungswochen konnte man sich auf erste Eckpunkte für diesen Mechanismus einigen. Dazu gehören folgende Punkte:

  • Es soll ein neuer Fonds eingerichtet werden, der sogenannte Cali-Fonds. Dieser soll durch das UN-Büro für Multipartner-Treuhandfonds (Multi-Partner Trust Fund Office, MPTFO) verwaltet werden.
  • Der Beschluss formuliert konkrete Zahlungserwartungen an Firmen ab einer bestimmten Größe, die von der Nutzung von DSI profitieren. Als Richtwerte werden 0,1 % des Umsatzes oder 1 % der Profite angegeben, die beispielsweise Pharmaunternehmen, Züchtungsfirmen oder Biotechnologieunternehmen jährlich in den Fonds einzahlen sollen.
  • Vertragsstaaten der CBD und andere Länder sind dazu eingeladen, Maßnahmen zu ergreifen, um Anreize für solche Zahlungen zu schaffen.
  • Zur Verwaltung und Verteilung der Gelder aus dem Fonds sind noch viele Fragen zu klären, die bis nächsten COP ausgearbeitet werden sollen. Unter anderem soll ein Lenkungsausschuss für diese Aufgaben gegründet werden.

Zur Einordnung: Da es sich nicht um ein rechtverbindliches Benefit-Sharing-Instrument handelt, sondern um eine COP-Entscheidung, sind Institutionen eines Landes daran rechtlich nicht unmittelbar gebunden. Bei den erwarteten Zahlungen handelt es sich daher um freiwillige Beiträge. Zukünftig liegt es in der Hand jedes einzelnen Vertragsstaates, den MLM zu DSI national umzusetzen. Bevor die ersten Gelder jedoch in den neuen Cali Fonds einfließen können, muss dieser erst zusammen mit seiner Verwaltung etabliert werden. Rechte aus bestehenden ABS-Abkommen wie dem Nagoya-Protokoll, dem Plant Treaty oder anderen Abkommen bleiben von der Entscheidung unberührt. Gleichwohl wird für die Umsetzung des Mechanismus vorgesehen, dass doppelte Zahlungserwartungen vermieden werden und versucht wird, Prozesse in unterschiedlichen Abkommen zu vereinheitlichen. Da der Gipfel von Cali noch nicht offiziell abgeschlossen werden konnte, kann man den Inhalt der Entscheidung derzeit nur einem Plenumsdokument der Sitzung entnehmen (L-Dokument zu DSI).

Hintergrund zu den DSI-Diskussionen bei der CBD

Der völkerrechtliche Status von digitalen Sequenzinformationen über genetische Ressourcen war lange umstritten. Die CBD-Vertragsstaaten beschlossen daher bei der UN-Biodiversitätskonferenz 2016 einen Prozess, der klarstellen sollte, ob, und wenn ja, wie die Nutzung digitaler Sequenzinformationen mit ABS bei genetischen Ressourcen in Zusammenhang steht. 

Da sich die Staatengemeinschaft nicht auf eine Definition und ein klares Konzept für „Digital Sequence Information" verständigen konnte, gilt der Begriff nach wie vor als Platzhalter. Auch im Jahr 2018 konnte man sich lediglich auf einen wissenschaftlich basierten Entscheidungsprozess einigen, der sich wegen der Corona-Pandemie, etwas länger hinzog.

Im Dezember 2022 verabschiedete die 15. Konferenz der CBD-Vertragsstaaten dann unter chinesischem Vorsitz einen neuen Rahmen zur Erhaltung der Biodiversität, den Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (KM-GBF). Dieser enthält 4 Langzeitziele bis 2050 sowie 23 Handlungsziele, die bis 2030 erreicht werden sollen.

Zum Thema Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechtem Vorteilsausgleich sind Ziel C und Handlungsziel 13 von Bedeutung: Hierin wird die Aufteilung der Vorteile sowohl für die Nutzung von genetischen Ressourcen als auch von digitalen Sequenzinformationen und traditionellem Wissen im Zusammenhang mit genetischen Ressourcen eingefordert und ein deutlicher Anstieg des Benefit-Sharing bis 2030 angestrebt. 

Zu DSI (Decision 15/9) einigte man sich darauf, einen multilateralen Mechanismus zum Aufteilen der Vorteile aus der Nutzung von DSI zu etablieren. Der Beschluss definierte zudem wesentliche Kriterien, die dieser Mechanismus erfüllen soll, zum Beispiel, dass er Forschung und Innovation nicht behindert, Rechtssicherheit schafft, den offenen Zugang zu DSI beibehält, oder dass er mehr Geld einbringen soll als er Kosten verursacht. Er soll zur Unterstützung des globalen Südens bei der Erreichung der Biodiversitätsziele beitragen und vor allem indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften zugutekommen.

Zur Erarbeitung des Mechanismus wurde eine offene DSI-Arbeitsgruppe eingesetzt, die Ende 2023 in Genf und Mitte 2024 in Montreal tagte, aber noch viele ungeklärte Fragen offengelassen hatte.

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