Umsetzung des § 40 BNatSchG
Zur Erarbeitung von Empfehlungen für eine bundesweit einheitliche Umsetzung wurde eine "Arbeitsgruppe gebietseigene Gehölze" bestehend aus verschiedensten Interessengruppen unter Federführung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) eingerichtet. Die Ergebnisse der Beratungen dieser AG wurden vom BMUB in einem "Leitfaden zur Verwendung gebietseigener Gehölze" im Januar 2012 veröffentlicht. Gleichzeitig hat die AG Mindeststandards für die Zertifizierung gebietseigener Gehölze festgelegt. Beide Arbeiten haben empfehlenden Charakter und sollen besonders in der gesetzlichen Übergangsfrist bis zum 02. März 2020 die Verwendung gebietseigener Gehölze unterstützen.
Die AG "gebietseigene Gehölze" hat die Empfehlung ausgesprochen, für alle Gehölzarten bundeseinheitlich sechs Vorkommensgebiete als Basis für die Produktion und Ausbringung gebietseigener Gehölze abzugrenzen. Grundlage der Abgrenzung sind ähnlich wie bei der Abgrenzung der forstlichen Herkunftsgebiete, die ökologischen Grundeinheiten für Deutschland. Allerdings wird dabei im Unterschied zum FoVG der hohen Vielfalt an ökologischen Standortsgegebenheiten, vor allem der Höhenanpassung, aber auch der maritimen Einflüsse zu wenig Rechnung getragen. Baden-Württemberg und Bayern als Länder mit sehr deutlichen Unterschieden in diesen Faktoren haben deshalb bereits eine weitere Untergliederung der Vorkommensgebiete in ihrem Bereich vorgenommen. Eine Untergliederung der Vorkommensgebiete erfolgte auch im Land Brandenburg.
Die Empfehlungen zu Mindeststandards der Zertifizierung gebietseigener Gehölze gehen von einer privatwirtschaftlichen Zertifizierung aus und ziehen eine gesetzliche Regelung nicht in Erwägung. Als wichtigste Empfehlung ist die Notwendigkeit zur Schaffung der Voraussetzungen für eine lückenlose Kontrolle und Dokumentation über alle Stadien des Produktionsverlaufs gebietseigener Gehölze bis zum Endverbraucher zu sehen. Die dafür vorgeschlagene Vorgehensweise ist teilweise mit den Vorgaben des FoVG und seiner Durchführungsverordnungen kompatibel (z.B. die lückenlose Dokumentation). Für die gebietseigenen Gehölze haben sich auf dem Markt bereits mehrere Zertifizierungssysteme auf privatwirtschaftlicher Basis etabliert. Noch erfüllen nicht alle die empfohlenen Mindeststandards, so dass hier weiterer Optimierungsbedarf besteht, vor allem in der lückenlosen Rückverfolgbarkeit, z.B. anhand einer ID-Nummer.
Verwendungsempfehlungen
Wie bereits gesagt, regelt das FoVG nicht die Verwendung von forstlichem Vermehrungsgut. Dies geschieht über von den Bundesländern erstellte Herkunftsempfehlungen. Die Herkunftsempfehlungen gründen auf den Ergebnissen jahrzehntelanger Forschungsarbeiten zur Herkunftsfrage bei den Waldbaumarten und auf den Erfahrungen der forstlichen Praxis. Für ein Herkunftsgebiet einer Baumart wird eine oder mehrere Herkünfte empfohlen. Sind diese nicht verfügbar, kann auf die ausgewiesenen Ersatzherkünfte ausgewichen werden.
Die Einhaltung der Herkunftsempfehlungen ist im Staatswald verbindlich (vorbildliche Waldbewirtschaftung) und in den meisten Bundesländern im Privatwald förderrelevant. Zudem ist sie die Grundlage für die Bewirtschaftung von Wäldern, die nach PEFC und FSC zertifiziert sind.
Das Bundesnaturschutzgesetz legt die Verwendung gebietseigener Gehölze fest. Die im "Leitfaden zur Verwendung gebietseigener Gehölze" genannten Gehölze dürfen ab 2020 nur innerhalb ihrer Vorkommensgebiete ausgebracht werden. Die Verwendung von Ersatzherkünften ist nicht vorgesehen. Abweichungen bedürfen dann einer Genehmigung durch die zuständige Behörde.
Fazit
Sowohl das Forstvermehrungsgutgesetz (FoVG) als auch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) leisten einen wichtigen Beitrag zur Sicherung der Genressourcen von Baum- und Straucharten im Sinne des internationalen Übereinkommens über die biologische Vielfalt. Die Regelungen zur Umsetzung und Zielerreichung sind jedoch grundsätzlich verschieden. So wurde bei der Ausweisung der Vorkommensgebiete für gebietseigene Gehölze im Unterschied zu den Herkunftsgebieten nach FoVG der hohen Vielfalt an ökologischen Standortsgegebenheiten, vor allem der Höhenanpassung und den maritimen Einflüssen zu wenig Rechnung getragen.
Die gesetzlichen Regelungen im Forstbereich haben sich als Instrument zur Sicherung der genetischen Vielfalt unserer Waldbäume seit über 60 Jahren bewährt. Sie sind aus der Erkenntnis entstanden, dass die Herkunft für die Anpassungs- und Leistungsfähigkeit der Wälder entscheidend ist und basieren auf den Ergebnissen jahrzehntelanger Untersuchungen zur Genetik der Waldbäume und den in über 300 Jahren gesammelten Erfahrungen der forstlichen Praxis. Zweigleisige Regelungen für die gleiche Baumart – Wald und freie Natur – bergen die Gefahr der Aufweichung der bewährten Regelungen sowie unbeabsichtigter Verwechslungen während des "parallelen" Produktionsprozesses für die gleiche Baumart in einer Baumschule. Nicht zuletzt aus diesen Gründen haben einige Bundesländer wie Baden-Württemberg, Bayern und Brandenburg von der Möglichkeit der Ausdehnung der Regelungen des FoVG auf die freie Natur Gebrauch gemacht, meist in enger Abstimmung mit den wichtigsten Abnehmern (z.B. Straßenbaubehörden, oberste Baubehörde).
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Forstliche Genressourcen und Forstsaatgutrecht" (BLAG-FGR), die die Arbeit zur Erhaltung forstlicher Genressourcen in Deutschland im Auftrag der Waldbaureferenten des Bundes und der Länder seit 1985 koordiniert, empfiehlt deshalb, auch in der freien Natur Gehölze und Saatgut (gemäß §40 Abs. 4 BNatSchG) zu verwenden, das nach den Regeln des FoVG produziert wurde. Zudem sollte sich die Verwendung der FoVG-Arten in der freien Natur an den Herkunftsgebieten für forstliches Vermehrungsgut orientieren. Für Baumarten, die dem FoVG unterliegen, muss nach geltendem Recht die Ernte nach den Vorgaben des FoVG durchgeführt werden: z.B. Ernte nur in zugelassenen Beständen, Ausstellung von Stammzertifikaten für die Erntepartien. Eine Umschreibung von Herkunftsgebieten auf Vorkommensgebiete für dem FoVG unterliegende Baumarten, wie im Leitfaden für gebietseigene Gehölze vorgeschlagen, die Ausweisung neuer Erntebestände und der Aufbau "paralleler Produktionslinien" sind damit nicht erforderlich.