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Die Handlungsempfehlungen zur Ausweisung von Generhaltungseinheiten unter Berücksichtigung von Mindestkriterien wurden von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe „Forstliche Genressourcen und Forstsaatgutrecht“ (BLAG-FGR) erarbeitet (Stand 01/2017).
Bisher wurde die Ausweisung von Generhaltungseinheiten als wesentliche Grundlage für die In-situ-Erhaltung forstgenetischer Ressourcen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich gehandhabt. Mit der Erarbeitung der „Handlungsempfehlungen zur Ausweisung von Generhaltungseinheiten unter Berücksichtigung von Mindestkriterien“, soll die Vorgehensweise bei der Erfassung und Ausweisung von In-situ-Generhaltungseinheiten durch die Festlegung von Mindestkriterien vereinheitlicht werden. Dabei wurden die Empfehlungen des europäischen Netzwerkes zur Erhaltung forstgenetischer Ressourcen (EUFORGEN) berücksichtigt.
Unter forstlichen Genressourcen wird gemäß dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) genetisches Material von Baum- und Straucharten mit tatsächlichem oder potenziellem Wert für eine nachhaltige, multifunktionale Forstwirtschaft verstanden.
Generhaltungseinheiten sind abgegrenzte, genau definierte Vorkommen forstgenetischer Ressourcen. Je nach Flächengröße werden Generhaltungseinheiten in drei Kategorien unterteilt:
Entscheidungskriterien für Erhaltungsmaßnahmen sind Erhaltungswürdigkeit, Erhaltungsdringlichkeit und Erhaltungsfähigkeit.
Aus ökologischer, ökonomischer und ethischer Sicht erhaltungswürdig sind wertvolle, an den Standort angepasste Vorkommen der zu erhaltenden Art. Merkmale für die Erhaltungswürdigkeit sind v. a. Angepasstheit (Vitalität), Anpassungsfähigkeit (hohe genetische Vielfalt), Autochthonie, Qualitätsmerkmale und Seltenheit.
Erhaltungsdringlich sind Vorkommen, bei denen ein teilweiser oder kompletter Verlust der genetischen Ressource zu befürchten ist. Der Grad der Gefährdung lässt sich anhand folgender Risikofaktoren abschätzen:
Die Dringlichkeit von Erhaltungsmaßnahmen wird in vier Stufen eingeteilt:
Erhaltungsfähig sind Vorkommen, die am natürlichen Wuchsort dauerhaft überleben und reproduzieren können. Die folgenden Merkmale dienen der Bewertung:
Die In-situ-Generhaltung fokussiert nicht nur auf den Schutz der ausgewählten forstgenetischen Ressource, sondern auch auf den Schutz des genetischen Systems, das die Generationen verbindet. Deshalb spielt das Mindestalter als Auswahlkriterium eine besondere Rolle; bevorzugt sind reproduktionsfähige Generhaltungseinheiten auszuwählen.
Grundsätzlich sind die in Tabelle 1 angegebenen Werte für das Mindestalter zu beachten (bei dem FoVG unterliegenden Baumarten wurden die Werte aus der Zulassungsverordnung des FoVG übernommen).
Tabelle 1: Empfohlenes Mindestalter zur Auswahl als In-situ-Generhaltungseinheit
Botanischer Name | Deutscher Name | Mindestalter zur Auswahl als Generhaltungseinheit |
Abies alba | Weiß-Tanne | 70 |
Abies grandis | Küsten-Tanne | 40 |
Acer campestre | Feld-Ahorn | 40 |
Acer platanoides | Spitz-Ahorn | 40 |
Acer pseudoplatanus | Berg-Ahorn | 50 |
Alnus glutinosa | Schwarz-Erle | 40 |
Alnus incana | Grau-Erlen | 40 |
Betula pendula | Hänge-Birke | 30 |
Betula pubescens | Moor-Birke | 30 |
Carpinus betulus | Hainbuche | 50 |
Castanea sativa | Edel-Kastanie | 40 |
Fagus sylvatica | Rot-Buche | 70 |
Fraxinus excelsior | Gewöhnliche Esche | 50 |
Larix decidua | Europäische Lärche | 50 |
Malus sylvestris | Wild-Apfel | 30 |
Picea abies | Gewöhnliche Fichte | 60 |
Pinus cembra | Zirbel-Kiefer | 60 |
Pinus nigra | Schwarz-Kiefer | 60 |
Pinus sylvestris | Wald-Kiefer | 60 |
Populus nigra | Schwarz-Pappel | 40 |
Prunus avium | Vogel-Kirsche | 30 |
Prunus padus | Traubenkirsche | 30 |
Pseudotsuga menziesii | Douglasie | 40 |
Pyrus pyraster | Wild-Birne | 30 |
Quercus petraea | Trauben-Eiche | 70 |
Quercus pubescens | Flaum-Eiche | 50 |
Quercus robur | Stiel-Eiche | 70 |
Quercus rubra | Rot-Eiche | 40 |
Sorbus aucuparia | Vogelbeere | 30 |
Sorbus torminalis | Elsbeere | 40 |
Sorbus aria | Mehlbeere | 30 |
Taxus baccata | Eibe | 40 |
Tilia cordata | Winter-Linde | 40 |
Tilia platyphyllos | Sommer-Linde | 40 |
Ulmus glabra | Berg-Ulme | 30 |
Weitere Kriterien, die bei der Auswahl besondere Berücksichtigung finden sollen, sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Tabelle 2: Mindestkriterien zur Auswahl als In-situ-Generhaltungseinheit
Kleinvorkommen | Generhaltungsbestände | Generhaltungswälder |
Mindestalter | ||
Siehe Tabelle 1 Anmerkung: Bäume sollen bereits reproduzieren | Siehe Tabelle 1 Anmerkung: Im Bestand sollen auch reproduzierende Bäume vorhanden sein | Siehe Tabelle 1 Anmerkung: In den Generhaltungswäldern sollen reproduzierende Bäume vorhanden sein |
Bestandsstruktur | ||
Ohne Bedeutung. | Ohne größere Bedeutung. | Rein- u. Mischbestände; Naturnähe und ausgewogene Altersstruktur erwünscht. |
Verjüngungsfreudigkeit | ||
Verjüngung sollte vorhanden sein, aber fehlende Verjüngung ist kein Ausschlussgrund. Inzucht/ Hybridisierung sollte möglichst ausgeschlossen sein. | Verjüngung sollte vorhanden sein, aber fehlende Verjüngung ist kein Ausschlussgrund. | Verjüngung muss vorhanden sein; Nur schwache Verjüngung ist kein Ausschlussgrund, wenn die Ursachen nicht im fehlenden Reproduktionspotential liegen |
Vitalität | ||
Möglichst vital, aber nachlassende Vitalität ist nicht per se ein Ausschlussgrund. | Möglichst vital, aber nachlassende Vitalität ist nicht per se ein Ausschlussgrund. | Gut bis sehr gut, ähnlich FoVG. |
Lage (Standort) | ||
Für die Genressource geeignete Standorte sollen bevorzugt werden. In Ausnahmefällen können auch Vorkommen auf Sonderstandorten oder Populationen unter speziellen ökologischen Bedingungen ausgewählt werden. | Für die Genressource geeignete Standorte sollen bevorzugt werden. In Ausnahmefällen können auch Vorkommen auf Sonderstandorten oder Populationen unter speziellen ökologischen Bedingungen ausgewählt werden. | Weniger bedeutend, für die Genressource geeignete Standorte sollen bevorzugt werden. |
Isolierung | ||
Wichtig; vor allem wenn Hybridisierung mit anderen Arten, Varietäten oder Kultursorten möglich ist (Mindestabstand 400 m in Anlehnung an FoVG-Vorgaben). | Bei Baumarten mit hoher wirtschaftlicher Bedeutung wichtig, um Einkreuzung ungeeigneter Genotypen zu vermeiden (Mindestabstand 400 m in Anlehnung an FoVG-Vorgaben); Lässt sich auf Sonderstandorten nicht immer realisieren.. | Nachrangig, da es sich um sehr große Einheiten handelt. Trotzdem sollte geprüft werden, ob die Gefahr der Vermischung mit ungeeigneten Genotypen besteht (z B. 1.000 m). |
Autochthonie | ||
Wünschenswert, da aber schwer bestimmbar kein Ausschlusskriterium. | Wünschenswert, da aber schwer bestimmbar kein Ausschlusskriterium. | Wünschenswert, da aber schwer bestimmbar kein Ausschlusskriterium. |
Artreinheit | ||
Relevant bei Arten, die mit Kultursorten hybridisieren können. | Wenig relevant; fallweise beachten (siehe Kleinvorkommen). | Nicht relevant. |
Qualität (als wirtschaftlicher Aspekt) | ||
Irrelevant. | Fallweise bei Wirtschaftsbaumarten relevant. | Relevant bei Wirtschaftsbaumarten, irrelevant in Schutzgebieten. |
Genetische Erkenntnisse | ||
Sollten Berücksichtigung finden. Wenn die Ausweisung dringlich ist, kann die genetische Charakterisierung auch nachträglich erfolgen. | Sollten Berücksichtigung finden. Ist dies aus Kostengründen nicht möglich, so bildet dies keinen Ausschlussgrund. | Genetische Erkenntnisse sind wünschenswert, aber nicht zwingend. Aufgrund der hohen Individuenzahl ist hier die Gefahr genetischer Einengung deutlich geringer. |
In-situ-Generhaltungseinheiten können sowohl in Wirtschaftswäldern als auch in unbewirtschafteten Wäldern ausgewählt werden. Der Auswahl dienen unterschiedliche Informationsquellen:
Die In-situ-Generhaltungseinheiten sollen der Erhaltung forstlicher Genressourcen über möglichst lange Zeiträume dienen. Deshalb sind folgende Maßnahmen notwendig:
Grundsätzlich sollten alle waldbaulichen Maßnahmen in einer In-situ-Generhaltungseinheit dem Erhalt der genetischen Ressource dienen (Erhalt und Förderung der Bestandesstabilität). In-situ-Generhaltungseinheiten sollten ausschließlich natürlich oder mit Vermehrungsgut aus derselben Generhaltungseinheit verjüngt werden. Die genetische Untersuchung der In-situ-Generhaltungseinheiten wird empfohlen.
+49 (0)228 6845-3052
Vera Overrödder
Bundesanstalt für Landwirtschaft
und Ernährung
Referat 331
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