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Digitale Sequenzinformationen Access and Benefit Sharing

Der Begriff „Digitale Sequenzinformation“ steht für eine aktuelle Debatte zu der Frage, wie mit Informationen über die molekulare Zusammensetzung genetischer Ressourcen im Kontext von Erhaltung, nachhaltiger Nutzung und ABS umgegangen werden soll.

Was sind „Digitale Sequenzinformationen“?

Der Begriff „Digitale Sequenz-Informationen“ (DSI) steht für eine aktuelle Debatte zu der Frage, wie mit Informationen über die molekulare Zusammensetzung genetischer Ressourcen im Kontext von Erhaltung, nachhaltiger Nutzung und ABS umgegangen werden soll.

Die ABS-Regelungen im Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) und im Nagoya-Protokoll beziehen sich auf genetische Ressourcen in Form von physischem Material. Neue Techniken machen es aber z.T. bereits möglich, neue Produkte rein auf der Grundlage von digitalen Informationen über die molekulare Zusammensetzung von genetischen Ressourcen zu entwickeln.

DSI - Einfach erklärt

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Digitale Sequenzinformationen über genetische Ressourcen

Wie sich beispielsweise im Kampf gegen das neuartige Corona-Virus zeigte, können internationale Zusammenarbeit und ein zügiger Austausch von Informationen entscheidend sein. Nur durch die Herausgabe der genetischen Sequenzdaten zum Virus war es so schnell möglich, Diagnoseverfahren zu entwickeln.

Auch bei drängenden Problemen wie der Erhaltung biologischer Vielfalt und der Sicherung der Welternährung ist eine effektive internationale Zusammenarbeit bedeutend. Moderne Methoden in der Analyse der genetischen Zusammensetzung von Organismen, die hierfür aufgebaute Datenbank-Infrastruktur und Analysemöglichkeiten großer Datenmengen sowie der freie Zugang zu den bereits generierten Daten spielen hierfür bereits heute eine entscheidende Rolle.

DSI und Regelungen des Zugangs und Vorteilsausgleichs bei genetischen Ressourcen

DNA (Quelle: Gettyimages/enot-poloskun)

Der völkerrechtliche Status von digitalen Sequenzinformationen über genetische Ressourcen ist umstritten. Da Sequenzdaten aus Genetischen Ressourcen generiert werden, kann es sein, so die Befürchtung vieler Staaten, die den Zugang zu ihren genetischen Ressourcen regulieren, dass Regelungen zum Vorteilsausgleich durch freie Nutzung von veröffentlichten Sequenzdaten unterlaufen werden können.

Diskussionen zu DSI innerhalb der CBD

Die CBD-Vertragsstaaten beschlossen bei der UN-Biodiversitätskonferenz 2016 einen Prozess, der klarstellen sollte, ob, und wenn ja, wie die Nutzung digitaler Sequenzinformationen mit ABS in Zusammenhang steht. Da sich die Staatengemeinschaft bislang noch nicht auf eine Definition und ein klares Konzept für „Digital Sequence Information" verständigen konnte, gilt der Begriff als Platzhalter. Auch im Jahr 2018 konnte man sich lediglich auf einen wissenschaftlich basierten Entscheidungsprozess einigen, der im Kontext der Verabschiedung eines neuen Globalen Rahmens für Biodiversität Post 2020 zu einem Ergebnis führen sollte.

Im Dezember 2022 wurde unter chinesischem Vorsitz das lange sehr kontrovers diskutierte „Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework“ verabschiedet. Dieser bildet den neuen Rahmen zur Erhaltung der Biodiversität, der eine Trendwende gegen das Aussterben der Artenvielfalt einleiten soll, beispielsweise durch das Ziel, 30 % der Land- und Meeresfläche unter Schutz zu stellen. Der finale Text des Biodiversitätsrahmens von Kunming und Montreal ist auch online abrufbar.

Zum Thema Zugang zu genetischen Ressourcen und gerechtem Vorteilsausgleich sind Ziel C und Handlungsziel 13 von Bedeutung: Hierin wird die Aufteilung der Vorteile sowohl für die Nutzung von genetischen Ressourcen als auch von digitalen Sequenzinformationen und traditionellem Wissen im Zusammenhang mit genetischen Ressourcen eingefordert und ein deutlicher Anstieg des Benefit-Sharing bis 2030 angestrebt. Nähere Informationen zum Text und zu wichtigen Entscheidungen finden sich unter https://www.cbd.int/article/cop15-final-text-kunming-montreal-gbf-221222.

Hier einigte man sich nach langem Ringen darauf, einen multilateralen Mechanismus zum Aufteilen der Vorteile aus der Nutzung von DSI zu etablieren. Weitere Komponenten dieses Pakets sind ein deutlicher Ausbau der finanziellen Unterstützung des globalen Südens sowie Kapazitätsaufbau für die Erreichung der Ziele. Unter anderem wird ein Globaler Biodiversitätsfonds zur Umsetzung der Ziele gegründet, angesiedelt bei der bereits existierenden „Global Environment Facility“. Über nationale Biodiversitätsstrategien und Berichtspflichten sowie einen Monitoring-Rahmen soll eine bessere Umsetzung ermöglicht werden.

Was bedeuten die Ergebnisse für den Zugang und Vorteilsausgleich bei genetischen Ressourcen und DSI?

Die Entscheidung für ein multilaterales System für Benefit-Sharing bei Nutzung von DSI ändert ad hoc nichts an der bisherigen Sachlage für Nutzer genetischer Ressourcen und digitaler Sequenzinformationen. Alle bestehenden Regelungen gelten weiter, so wie sie derzeitig sind. Die Entscheidung ist jedoch der Startschuss für weitere Verhandlungen: Die eigentliche Arbeit der Etablierung und Ausgestaltung eines solchen DSI-Systems läuft derzeit noch. Die Entscheidung für ein multilaterales System, das den offenen Zugang zu DSI beibehalten soll, gibt jedoch die Richtung vor: Eine Gleichsetzung von genetischen Ressourcen mit DSI ist nicht mehr angestrebt. Spannend wird die Frage sein, wie das neu zu etablierende System mit den bestehenden internationalen und nationalen ABS-Regelungen zusammen hängen wird. Ob die Chance genutzt werden wird, gleichzeitig auch Verbesserungen und Vereinfachungen für Zugang und Benefit-Sharing bei genetischen Ressourcen zu erreichen, ist ebenfalls noch offen. 

Diskussionen zu DSI innerhalb der FAO

Im Februar 2019 fand die 17. Sitzung der FAO-Kommission für Genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (CGRFA) statt. Auch hier wurde das Thema „DSI“ über genetische Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft kontrovers diskutiert.

Für die kommende Sitzung, die Ende September 2021virtuell stattfinden wird, wurde eine weitere Befassung mit dem Thema beschlossen.DSI fällt allerdings nicht unter den Tagesordnungspunkt ABS, sondern bleibt ein eigener Arbeitsstrang, der sehr breit die Innovationsmöglichkeiten, Herausforderungen und bestehenden oder fehlenden Kapazitäten weltweit bei der Generierung, dem Zugang zu und der Nutzbarkeit von DSI in den Unter-Sektoren von Landwirtschaft und Ernährung beleuchten soll.

Die 8. Sitzung des Verwaltungsrats des Internationalen Saatgutvertrags tagte vom 11.-16. November 2019 in Rom. Ein zentrales Thema dieser Sitzung war ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Verbesserung des Multilateralen Systems zum Zugang und gerechten Vorteilsausgleich bei pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (MLS). Auch die Frage des zukünftigen Umgangs mit digitalen Sequenzinformationen über genetische Ressourcen wurde in diesem Kontext diskutiert. Eine Einigung konnte weder über das Maßnahmenpaket noch über die Fortsetzung der weiteren Arbeit an diesem Thema für die nächsten zwei Jahre erzielt werden.

Zu DSI wurde beschlossen, dass die Entwicklungen, Studien und Ergebnisse zum Thema "Digitale Sequenzinformationen" im Bereich der CBD und der CGRFA vom Sekretariat weiterverfolgt werden sollen. Bei der kommenden Verwaltungsratssitzung sollen die Auswirkungen der Generierung, des Austauschs und der Nutzung von aus MLS-Material generierten digitalen Sequenzinformationen sowie die Ergebnisse der Diskussionsprozesse in anderen Foren Gegenstand der Beratungen sein.

Kontakt

 

Marliese von den Driesch
+49 (0) 228  6845 - 3241 
Email: Marliese.vondenDriesch(at)ble(dot)de

Bundesanstalt für Landwirtschaft
und Ernährung
Referat 331
Deichmanns Aue 29
53179 Bonn